Bericht zur Evaluierung des Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetzes gemäß § 7 Abs. 2 des Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetzes

Knut Korschewsky
RedenKnut Korschewsky

Zum Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/6467

 

 

Zum Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/6467

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie von der Präsidentin bereits gesagt, liegt uns heute der Evaluationsbericht gemäß § 7 des Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetzes vor. Das Thüringer Gesetz zur umfassenden Beteiligungstransparenz bei Gesetzgebungsverfahren im Landtag war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes nicht nur Neuland in Thüringen, sondern für alle Parlamente in Deutschland. Deshalb ist es nur gut und richtig, dass wir nach drei Jahren eine Evaluation dieses Gesetzes vornehmen.

 

Thüringen ist das erste Bundesland, das mit Blick auf seine Gesetzgebungstätigkeit den sogenannten legislativen Fußabdruck eingeführt hat. Das bestätigt der Evaluationsbericht auf Seite 9 ausdrücklich. Der Gesetzestitel ist mit Sicherheit rekordverdächtig lang für die Bundesrepublik, aber er bringt den inhaltlichen Kern des Gesetzes doch absolut richtig und gut auf den Punkt. Der Evaluierungsbericht weist auf Seite 9 auch darauf hin, dass die Regelungen in Thüringen sogar noch ein Stück mehr Transparenz in das Gesetzgebungsverfahren bringen, als der klassische legislative Fußabdruck eigentlich verlangt. Das Verfahren und die Datenbank der Beteiligtendokumentation sollen die Vorgänge, wie ein Gesetz inhaltlich entsteht, welche außerparlamentarischen Beiträge und Einflüsse es aufnimmt, für alle Bürger in Thüringen nachvollziehbar machen und damit verständlich wird, wie und warum der Gesetzesinhalt so ist und welche der Beteiligten und vor allen Dingen auch aus welchen Gründen wollten, dass der Inhalt so wird oder auch nicht wird, wie das Gesetz dann beschlossen und verkündet wird. Diese transparente Nachvollziehbarkeit stärkt letztlich das Vertrauen in die Gesetzgebung des Landes und seine Arbeit. Dies ist nach Ansicht der Linken sogar dann der Fall, wenn politisch interessierte Menschen die Beteiligtendokumentation dazu nutzen sollten, um den Landtag im jeweils konkreten Fall auch zu kritisieren. Denn mit dem Verfahren der Beteiligtentransparenz machen die Menschen in Thüringen erstens die Erfahrung, dass die Arbeit des Landtags leichter kritisierbar und auch kontrollierbar wird, weil sie die Informationen darüber haben, wer wie die Regelung so ausgestalten wollte und warum sowie welche Möglichkeiten zur Ausgestaltung mit welcher Begründung es noch gegeben hätte.

 

Zweitens, dass sie als Bürger mit Hilfe der Beteiligtentransparenzdokumentation auf problematische Punkte in Gesetzen sowie deren Entstehung und Anwendung besser aufmerksam machen und, drittens, sich auf diesem Weg letztlich auch an der Verbesserung von Vorschriften aktiv beteiligen können, indem sie ihre sachliche Kritik und ihre Anregungen und Vorschläge dem Landtag zukommen lassen. Oder sie machen die positive Erfahrung, dass nach umfassender Beschäftigung mit den Informationen der Beteiligtendokumentation die Regelungen als gut zu bewerten sind und es nichts zu kritisieren gibt.

 

Die Bürgerinnen und Bürger sind damit viel weniger als bisher bloße Adressaten und Ausführende von geltenden Gesetzen. Sie können mit Hilfe der Beteiligtendokumentation Gesetze viel leichter auf ihre inhaltliche Qualität hin überprüfen und ihren Inhalt letztlich auch aktiv mitgestalten. So schafft Transparenz Vertrauen und Akzeptanz und neue Mitgestaltungsmöglichkeiten, die die Menschen zur gesellschaftlichen und konkret sachbezogenen Einmischung motivieren können. Dieses transparente Wechselspiel zwischen Bürgern und Parlament macht die Demokratie lebendiger und widerständiger gegen populistische Vorurteile und Angriffe.

 

Im Jahr 2021 führte die lobbykritische Organisation Transparency Deutschland ein bundesweites Ranking mit Blick auf die Qualität der lobbykritischen Transparenzgesetzgebung in Bund und Ländern durch. Beim Instrument des legislativen Fußabdrucks, also der Regelungen zur Beteiligtendokumentation, kam Thüringen auf den 1. Platz. Doch die Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren, bleibt nicht stehen. Thüringen sollte aber diese Vorreiterrolle behalten. Deshalb sollten wir auch weiter an der Frage von Transparenz und gegen Lobbyarbeit arbeiten.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Der vorliegende Evaluierungsbericht stimmt hier sehr positiv, denn er bescheinigt nicht nur im abschließenden Fazit, sondern auch in Detailpunkten die Regelungen, die wir im Gesetz verankert haben, sind gut und auch deren praktische Umsetzung funktioniert gut, und zwar mit Blick auf die zur Transparenz verpflichteten Beteiligten wie auch die Nutzerinnen und Nutzer der Beteiligtendokumentation. Dazu gehört auch die gelungene Abwägung zwischen inhaltlicher Reichweite der Regelungen und der Sicherstellung der praktischen Wirksamkeit dieser Regelungen. Der Bericht macht das deutlich an der beispielhaften Abwägung, ob man auch mündliche Einflussnahmen auf Gesetzgebung in die Beteiligtendokumentation aufnehmen soll oder nicht, wie ebenfalls auf Seite 9 dargestellt. An diesem Punkt wird dann nach Ansicht der Linken-Fraktion deutlich, wie wichtig die Ergänzung der Beteiligtendokumentation durch ein tatsächliches Lobbyregister zur Sicherstellung umfassender Transparenz ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ein Lobbyregistergesetz erfasst auch lobbykritische Vorgänge außerhalb des formalisierten, vom Schriftlichkeitsprinzip geprägten Gesetzgebungsverfahrens. An dieser Baustelle „Lobbyregister“ sind einige Parlamente gegebenenfalls schon weiter als wir hier in Thüringen, weil dort Regelungen schon in Gebrauch sind, womit auch mittlerweile praktischen Erfahrungen gesammelt werden konnten.

 

Aber auch der Thüringer Landtag kann zeitnahe zu einem inhaltlich gut ausgestalteten Lobbyregistergesetz und seiner praktischen Umsetzung kommen, denn im Ausschuss für Justiz, Migration und Verbraucherschutz liegen bereits zwei Gesetzentwürfe zu diesem Thema vor; der erste stammt von der R2G-Koalition und der zweite von der CDU-Fraktion. Beide Seiten sind sich einig, glaube ich zumindest, dass in Sachen Lobbyregister etwas passieren muss. Die Landtagsdiskussion über den Evaluierungsbericht zur Beteiligtendokumentation sollte nach Ansicht der Linken Anstoß sein, um sich auch wieder um das sinnvolle – wir als Linke meinen –, unbedingt notwendige Ergänzungsinstrument Lobbyregister und die Regelungsvorschläge zu kümmern und sie mit dem Ziel praktisch wirksamer Umsetzung im Landtag zur Entscheidung zu bringen.

 

Mit dem Doppelpack Beteiligtendokumentation und Lobbyregister ist dann Thüringen ganz sicher auch weiter Vorreiter im bundesweiten Vergleich. Vertrauen und Akzeptanz der Bürger werden durch die zusätzlichen Instrumente noch weiter gestärkt. Dabei ist es notwendig, Beteiligtendokumentation und Lobbyregister unter einem gemeinsamen digitalen Dach für interessierte Bürger zugänglich zu machen.

 

Nun ist – wir sehen das ab Seite 14 – im Bericht ganz klar angesprochen, dass die gute Pflege der Beteiligtendokumentation einen erheblichen Arbeitsaufwand mit sich bringt, aber einen Arbeitsaufwand, der sich gesellschaftspolitisch und mit Blick auf den Gewinn für die Demokratie lohnt. Es ist nach Ansicht der Linken auch davon auszugehen, dass die Verknüpfung mit der Funktion des Lobbyregisters dann nicht zu doppelter Arbeit führen wird. Vielmehr werden sich in den Arbeitsabläufen sogar Synergieeffekte ergeben, weil schon technisch Vorhandenes auch im Rahmen des Lobbyregisters genutzt werden kann. Die Beteiligtendokumentation hat zwar der Landtagsverwaltung die meiste Arbeit gemacht und macht sie noch, aber auch die Fraktionen und Parlamentarischen Gruppen sind verpflichtet, Arbeitsschritte, Informationen und Dokumente zu liefern, wenn sie einen Gesetzentwurf schreiben und in diesem Rahmen außerparlamentarische Unterstützung erhalten sollten. Wie umfangreich die Beteiligung von außerparlamentarischen Akteurinnen und Akteuren ist, machten die im Evaluationsbericht dargebotenen Informationen und Zahlen recht beeindruckend deutlich. Daraus erwächst nach Ansicht der Linken-Fraktion auch die Pflicht der Fraktionen und Abgeordneten, sich mit diesen außerparlamentarischen Beiträgen inhaltlich auseinanderzusetzen. Das heißt nicht, alles, was vorgetragen wird, für gut zu befinden, es bedeutet aber, Engagement und Vorschläge der außerparlamentarischen Akteure wirklich ernst zu nehmen.

 

Hinsichtlich der im Abschnitt E des Berichts geschilderten praktischen Erfahrungen bei der Gesetzgebungsanwendung anhand von konkreten Einzelfällen wird deutlich, dass – wie bei jedem neuen Gesetz – sich eine Auslegung und Anwendungspraxis herausbilden muss. Das gelingt offensichtlich sehr gut. Das Beteiligtentransparenzgesetz hat zwar einen sperrigen, kaum aussprechbaren Namen, aber eine durchaus nachhaltige Relevanz für Bürgerinnen und Bürger und trägt somit auch zur Nachvollziehbarkeit von Politik bei und hilft, das Ansehen von Politik weiter zu erhöhen. Lassen Sie uns weiter daran arbeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE)

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