Ein Wahlkreistag im Landkreis Sonneberg

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Vier Termine standen auf dem Plan der Wahlkreistour von MdL Knut Korschewsky durch den Landkreis Sonneberg. Auch der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Thüringer Landtag, Steffen Dittes, ist der Einladung von Korschewsky gefolgt.

Vier Termine standen auf dem Plan der Wahlkreistour von MdL Knut Korschewsky durch den Landkreis Sonneberg. Auch der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Thüringer Landtag, Steffen Dittes, ist der Einladung von Korschewsky gefolgt.

Die erste Station war ein Besuch des mittelständischen Unternehmens Gbneuhaus GmbH auf dem Herrnberg in Neuhaus am Rennweg. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, Oberflächen von Metall bis Kunststoff durch Tauch-und Spritzbeschichtung mit ganz unterschiedlichen Lösungen zu beschichten. Dazu gehören z.B. die Beschichtung von Halogenlampen und die antibakterielle Beschichtung von Türklinken. Korschewsky, der „Stammgast“ in dieser Firma ist, sein letzter Besuch hat allerdings vor der Corona-Krise stattgefunden, wollte aus erster Hand über die Auswirkungen der derzeitigen Krisen informiert werden. Empfangen wurden Dittes und Korschewsky vom Betriebsleiter Markus Heinze und dem Referenten der Geschäftsleitung Philipp Müller.
Zunächst gab es den neuen Imagefilm des Unternehmens und anschließend die Produktionsbereiche bei einem Rundgang zu sehen. Bei der Tour durch die beiden Abteilungen der Tauch- und der Sprühbeschichtung  rückten vor allem immer wieder die Themen Personal und Automatisierung in den Fokus. „Nicht ein einziger Roboter hat dazu geführt, dass ein Mitarbeiter gehen musste“, so Heinze. Das gelte auch für die nächste große Investition, die Automatisierung der Sprühbeschichtung in Form einer 65 Meter langen, u-förmig angelegten Technikumsanlage, für die sich eine „stabile siebenstellige Summe“ notwendig macht. Die Fertigstellung der Anlage ist für März 2023 geplant.
Auch ein Ankauf eines Nachbargrundstückes für die notwendige „Platzbeschaffung“ für das Unternehmen steht auf der Tagesordnung.
Im Anschluss an den Rundgang fragt Korschewsky schließlich gezielt nach den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Unternehmen. „Da sind schon Effekte entstanden, die unschön waren“, sagt Heinze. Er denkt etwa daran, als im Frühjahr auf einen Schlag beinahe die gesamte für die organisatorischen Abläufe zuständige Belegschaft ausgefallen war. In der Woche sei man kurz davor gewesen, die Firma schließen zu müssen. Auch Produktionseinbußen mussten verkraftet werden. Das Jahr 2020 hatte man stark geplant, im ersten Quartal sei man noch gut durchgekommen, aber dann kam es zu einem radikalen Einbruch mit bis zu 87 Prozent Auftragsverlusten. Erst zum Ende des dritten Quartals sei es wieder angelaufen. 2021 habe man folglich konservativ geplant und sei damit gut gefahren. Das Vor-Corona-Niveau habe man noch nicht wieder erreicht. Der Grund dafür aber liege vor allem bei den Personalproblemen.
Heinze betont mehrfach, dass wohl derzeit die größte Herausforderung des Unternehmens darin bestehe, Mitarbeiter zu bekommen. Und da gehe es nicht um den immer viel diskutierten Fachkräftemangel, sondern ganz und gar um einen Arbeitskräftemangel.
In den vergangenen drei Jahren hätten sich allein altersbedingt im Durchschnitt sechs Arbeitnehmer pro Jahr in den Ruhestand verabschiedet. „Bei einem 100-Mann-Unternehmen ist das schon spürbar und schwer zu ersetzen“, so der Betriebsleiter. „Daran knabbern wir gerade ordentlich.“ Obendrein an einer früher nicht wie heute dagewesenen Fluktuation des Personals.
Auch werde es immer schwieriger, Auszubildende zu bekommen, sagt Philipp Müller. Bevor Azubis oder generell Arbeitskräfte jobbedingt von Sonneberg nach Neuhaus kämen, würden sie meist doch lieber den Weg nach Coburg wählen, wo die „großen“ Unternehmen ihre Standorte haben. Wichtiger sei es, meint Müller, „hier oben“ mit potenziellen Lehrlingen in Kontakt zu treten. Sei es über die eigene Berufs- und Ausbildungsmesse „Go Future“ des hiesigen Unternehmer-Netzwerkes „Obenauf“ oder die Jugend- Unternehmenswerkstatt in Kooperation mit Schulen. Fakt jedenfalls sei, dass inzwischen die Betriebe die Initiative ergreifen müssen, um Personal zu gewinnen. Und da müsse man auch bisher „unterschätzte Quellen“ anzapfen, wie Markus Heinze ergänzt und als Beispiel an Kooperationen mit Sportvereinen und dabei an deren Kinder- und Jugendabteilungen denkt.
Hauptproblem bei der Gewinnung von Arbeitskräften sei eindeutig das Fehlen von entsprechendem Wohnraum, von Baugrundstücken und den damit verbundenen bürokratischen Hürden.
Von Dittes auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs angesprochen, erläutert Heinze: „Geschäftlich sind wir da zum Glück nicht involviert“ – was Standorte, Partner, Zulieferer oder ähnliches angehe.
Allerdings rechnen wir mit einer Erhöhung der Stromkosten um das Fünffache, dies muss erst einmal verkraftet werden.“ Zumindest einen Teil der benötigten Energie könne man über die bereits installierte Photovoltaik-Anlage auf dem Dach nutzen. „So, wie es anfällt, können wir es nutzen“, sagte Heinze. In Neuhaus aber, schob Müller nach, sei das ja bekanntermaßen nicht immer allzu viel. „ Auch über eigene Windkraftanlagen brauchen wir nicht nachdenken, da unsere Firma direkt am Rennsteig-Wanderweg liegt“, so Müller.
Dittes und Korschewsky bedankten sich für das interessante Gespräch mit Firmenrundgang und fuhren weiter nach Lauscha. Dort wurden sie von Toni Köhler-Terz am Künstlerstandort Goetheschule empfangen. Das Kulturkollektiv Goetheschule e.V. ist seit 2014 ein eingetragener Verein mit ca. 30 Mitgliedern. Für die ehemalige Schule am Ort hat der Verein das Erbbaurecht erworben. „ Wir haben ein Domizil und konnten die alte Schule, welche zehn Jahre leer stand und unter Denkmalschutz steht, vor dem Verfall retten. Neben unserer künstlerischen Arbeit bedeutet das für uns allerlei handwerkliche Arbeit am Objekt und Beantragung von entsprechenden Fördermitteln für die notwendigen Arbeiten. Das Dach konnte so erneuert werden, die Toiletten ebenfalls und der neue Fenstereinbau hat begonnen“, so Köhler-Terz.
2016 wurde der Verein mit dem Kulturriesen, dem Förderpreis für Soziokulturelle Zentren in Thüringen ausgezeichnet. In der Begründung dazu heißt es: „Mit der zuvor leerstehenden Goetheschule hat das Kulturkollektiv einen für die Stadt zentralen und für die Bürger emotional stark besetzten Ort wieder zugänglich gemacht und einer neuen Nutzung zugeführt. Damit erhält es nicht nur die Bausubstanz dieses Kulturdenkmals, es leistet
auch einen Beitrag zur Stadt- und Regionalentwicklung. Die Jury würdigt dies als einen wichtigen Impuls für die von Abwanderung, Überalterung und Bevölkerungsrückgang betroffene Region.“
Heute sind Bildende Kunst, Glaskunst, Fotografie, Theater und unterschiedlichste Musik in diesem Haus zusammen. Das Haus bietet neben ungeheuer viel Platz die Möglichkeit des Austauschs und hat durch seine Historie schon den Nimbus einer Bildungsanstalt. Es kommt jetzt darauf an, gemeinsam dieses ehrwürdige Gebäude mit Leben und Kunst zu erfüllen. Dann kann aus dieser Konzentration verschiedenster Künstler und Künste mehr werden, als die Summe der Einzelnen, kann zu einer Potenzierung der kreativen Energie führen.
Es ist ein außergewöhnliches Projekt, über sehr günstige Nutzungsentgelte und logistische Erleichterungen viele verschiedene Kunstprojekte an einen gemeinsamen Ort zu bringen. Köhler-Terz führte die beiden Abgeordneten durch das gesamte Haus. Neben einem Aufenthaltsraum und einem Veranstaltungsraum gibt es 11 Ateliers mit bis zu 75 Quadratmetern. Im Jahr sind bis zu 40 Veranstaltungen geplant. Neben Ausstellungen finden  Punk-und Klassikkonzerte, Lesungen, Open-Air-Kino und ein alternatives Musikfestival statt.
Erstaunt zeigten sich Dittes und Korschewsky über das Projekt „ Lauscha-Glas“  Bis zu 6 Künstlerinnen und Künstler haben so pro Jahr 4 Wochen die Möglichkeit, sich dem künstlerischen Thema „ Glas“ zu widmen. Dafür steht eine 70qm Wohnung mit eigenem Atelier zur Verfügung. Eine anwesende koreanische Künstlerin, die zurzeit eine eigene Ausstellung mit Perlmuttmalerei in der Goetheschule zeigt, stellte ihre Fortschritte auf dem Gebiet der Glaskunst den Gästen vor.
Die Landtagsabgeordneten zeigten sich beeindruckt von der Arbeit des Vereins und wünschten dem Verein viel Erfolg bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben.
Weiter ging es dann nach Sonneberg in die Kreissparkasse zu einem Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Mike Stieler und dem Vorstandsmitglied Torsten Traut. Auch hier war das Interesse der Landtagsabgeordneten in Bezug auf die Corona- Auswirkungen groß.
„Unsere Unternehmen sind krisenerprobt und relativ gut durch Corona gekommen“, schätzt Sparkassen-Vorstand Mike Stieler ein.  Die Sparkasse und deren Zahlen als Seismograf der lokalen wirtschaftlichen Lage? Der Sparkassenvorstand mag dem gar nicht widersprechen. 146 Mitarbeiter hat die Sparkasse und betreibt neben der Hauptstelle in der Sonneberger Bahnhofstraße neun „bemannte Filialen“ im Landkreis, mehr als alle anderen Mitbewerber zusammen. Damit erreiche man einen Großteil der Bevölkerung, so der Sparkassenchef. Überschaubare Strukturen und kurze Wege ordnet er als Vorteil ein. Immerhin sei Sonneberg in Ostdeutschland die kleinste und im gesamten Bundesgebiet die drittkleinste Sparkasse. „Wenn die Sparkasse im Ort verschwindet, geht zwar das Licht nicht gleich aus, aber früher oder später“, meint Dittes.

In Sonneberg ist die Sparkasse vor Ort und daher bilden sich dort auch gute wie schlechte wirtschaftliche Lagen ab. Die Pandemie sei bemerkbar gewesen, weniger oder gar nicht mit Zahlungsausfällen, aber mit einem Anstieg der Spareinlagen. Bewege sich das Volumen der Spareinlagen sonst bei etwa 20 Millionen Euro, so sei dies während des Corona-Lockdown auf etwa 40 Millionen Euro hochgeschnellt. „Das fehlt dann bei der Nachfrage in der Region“, schätzt der Sparkassenchef ein. Anders gesagt: das fehlte dem Gastronomen, Bäcker, Einzelhändler am Umsatz. Umgekehrt ging die Nachfrage nach Finanzierungen zurück, will heißen: Es wurde nicht mehr investiert. „Während der Pandemie haben sich diese Verhältnisse völlig verzerrt“, schätzt er ein. Die Hoffnung, nun wieder in eine „Normalphase“ zu kommen, habe sich jedoch auch nicht erfüllt, denn neben dem Krieg kämpfe man nun mit einer steigenden Inflation. Bei fünf Prozent Inflation fliege der Gesellschaft das Thema Armut um die Ohren, befürchtet Stieler. Derweil sei man so hohe Inflationsraten, wie sie aktuell bereits erreicht seien, nicht gewohnt. Derweil lasse sich die Sorge der Unternehmer an einem Problem festmachen. Weniger fehlender Absatz oder geringe Marktchancen treibe die Wirtschaft um, als vielmehr die Sorge, genügend Fachkräfte zu bekommen. „Der Fachkräftemangel wird das allergrößte Problem in der Zukunft werden“, meint Stieler. Und während der Pandemie habe sich dies noch einmal verschärft. Auch der Ukraine-Krieg habe schon seine Spuren hinterlassen.  Betroffen vom drohenden Gasboykott sei vor allem die Glasindustrie. „Hier ist ein ganzer Industriezweig von der Abwanderung bedroht“, betont Stieler. Wenn die Öfen einmal heruntergefahren würden, dann stelle sich für die Unternehmen die Frage, wann und ob man sie wieder anfahre. Indessen räumte der Sparkassenchef ein: „Wir können der Glasindustrie nicht helfen.“ Hier sei die große Politik gefragt. Wenn nichts geschehe, dann wäre dies fatal für die gesamte Region. Allerdings würden auch die Unternehmen in der Glasregion am Rennsteig bereits Überlegungen anstellen, die Energieversorgung ihrer Betriebe umzustellen.
Auch die Klimakrise hat Auswirkungen auf das Handeln der Sparkasse. Die Sparkasse habe selbst ein Projekt auf die Beine gestellt – „Mein Wald“. Die Waldschäden stünden jedem Einheimischen vor den Augen und viele hätten gesagt, dass etwas geschehen müsse. „Das Thema Wald hat uns einfach überrollt“, erinnert sich Stieler. Lange habe man gerungen, um ein geeignetes Format zu finden. Denn als Sparkasse dem Staatsforst, dem die Masse der durch Borkenkäfer und Trockenheit geschädigten Waldflächen gehören, einfach Geld zu überweisen, gehe nicht, sei nicht Sinn und Zweck eines Sponsorings. Das Modell, in dem sich die Forstämter um Pflanzen und Gerät kümmern, Mitglieder von Vereinen und Initiativen pflanzen und die Sparkasse der Vereinskasse Mittel überweise, sei gut angekommen. Hier merke man den Unterschied zwischen dem Sonneberger Land und der „kleinen Großstadt Erfurt“ deutlich, meint Landespolitiker Korschewsky. Da habe man es mit völlig unterschiedlichen Milieus zu tun. „In Erfurt wollen die jungen Leute Party machen, hier pflanzen sie Bäume“, umschreibt er seinen Eindruck.
Letzter Punkt auf dem Programm von Korschewsky, welcher noch abgearbeitet werden musste, war seine Veranstaltungsreihe „ Live aus dem Thüringer Landtag“ Das Thema dieser öffentlichen Veranstaltung hat zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in die Sonneberger Geschäftsstelle der LINKEN gezogen. „Wo steht die LINKE in Thüringen“ –ein Thema, welches genügend Diskussionsgrundlage geboten hat. Steffen Dittes beantwortete auch viele Fragen und konnte so manche schwierige Entscheidung der Landtagsfraktion begründen.