Koalitionsvertrag

13. Nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik

Damit Thüringen auch unter konjunkturell und strukturell schwierigen Rahmenbedingungen handlungsfähig bleibt, ist eine ehrliche und auf Nachhaltigkeit sowie auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtete Haushaltspolitik unverzichtbar.

Die Koalition wird Haushaltskonsolidierung und vorsorgende Politik für alle Regionen Thüringens miteinander verbinden.

Der Koalitionsvertrag beschreibt in den Themengebieten die angestrebten und gewünschten Entwicklungen für den Freistaat Thüringen. Den Koalitionspartnern ist bewusst, dass die Umsetzung der Maßnahmen unter dem Finanzierungsvorbehalt des Haushaltes steht. Ausgabensteigerungen, die über die eindeutig benannten prioritären Maßnahmen hinausgehen, sind durch Einnahmeerhöhungen oder durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren.

Die im Grundgesetz, der Landesverfassung sowie in der Landeshaushaltsordnung Thüringens verankerten Regelungen nachhaltiger Finanzpolitik bilden die Grundlage der Landeshaushalte dieser Legislaturperiode. Die in § 18 LHO verankerte Schuldenbremse ist Maßstab für eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik. Die Regelung wird in der bisherigen Form beibehalten.

Eine Verlagerung von Verpflichtungen des Landes auf Sondervermögen, landeseigene Gesellschaften und juristische Personen des öffentlichen Rechts werden die Parteien nicht vornehmen. Die wirtschaftliche Tätigkeit von Landesgesellschaften oder die begründete Bildung von Sondervermögen ist davon unberührt.

Übereinstimmend verfolgen die Koalitionäre das Ziel, in dieser Legislaturperiode nur Haushalte ohne Nettokreditaufnahme zu beschließen und keine neuen Schulden aufzunehmen. Die Schuldentilgung soll fortgesetzt werden, um finanzielle Spielräume zu gewinnen. Haushaltsüberschüsse werden auch für die Bildung einer Konjunkturausgleichsrücklage verwendet.

Eine erfolgreiche Stabilisierung der Landesfinanzen resultiert aus konsequenten Sparmaßnahmen auf der Grundlage einer umfassenden Aufgabenkritik, einer stabilen Investitionsquote zur Unterstützung der regionalen Wirtschaftsentwicklung und einer Stärkung der Einnahmebasis. In Thüringen ist ein umfassender Kassensturz notwendig. Dabei müssen die Risiken in den Sondervermögen mit betrachtet werden. Dieser umfassende Kassensturz und die Betrachtung der mittel- und langfristigen haushaltspolitischen Handlungsfähigkeit Thüringens haben für die Umsetzung politischer Leitprojekte eine hohe Bedeutung.

  • 13.1 Personal im Öffentlichen Dienst

     

    Bis 2019 wird ein erheblicher Teil der im Landesdienst Thüringens Beschäftigten altersbedingt ausscheiden.

    Die Koalition wird bis 2016 ein ressortübergreifendes Personalentwicklungskonzept erarbeiten. Dazu wird ein zentraler Bereich für Organisationsplanung und Personalmanagement eingerichtet.

    Das bislang vereinbarte Stellenabbauziel wird beibehalten, aber sowohl die ursprünglichen Vorschläge der Expertenkommission für die Reform der Landesverwaltung als auch die Umsetzung und Auswirkungen der bisherigen Stellenreduktion geprüft. Eine umfassende Aufgabenkritik, die Überprüfung der Standards für die Leistungserbringung und die Definition der Kern- und Zukunftsaufgaben, die das Land unverzichtbar wahrnehmen muss, werden zeitnah durchgeführt. Eine gesetzmäßige und qualitativ gute Aufgabenerbringung öffentlicher Leistungen des Landes und der Kommunen ist sicherzustellen. Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen. Langfristiges Ziel ist es, die Zahl der im Landesdienst stehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf das Niveau vergleichbarer deutscher Länder zu bringen. Die Gewerkschaften und Personalräte werden dabei einbezogen.

    Konsequente Aufgabenkritik ist zu verbinden mit strategischen und in die Zukunft weisenden Entscheidungen über Einstellungskorridore insbesondere in den Bereichen Bildung und Polizei. Die Parteien sind sich einig, ihre Einstellungspolitik am Fachkräftebedarf auszurichten.

    Der Anteil von Frauen in Führungspositionen soll erhöht werden. Das gilt auch für öffentliche Unternehmen bzw. Beteiligungen des Landes.

    Um zukünftigen Pensionslasten besser Rechnung tragen zu können, stimmen die Koalitionspartner überein für Verbeamtungen, die ab dem 01.01.2016 durchgeführt werden, finanzpolitische Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen.

    Die Zentralisierung der Aus- und Weiterbildung des allgemeinen staatlichen und kommunalen Verwaltungsdienstes soll fortgesetzt werden. Die verwaltungsinterne Ausbildung zum allgemeinen gehobenen staatlichen und kommunalen Verwaltungsdienst hat sich bewährt und bleibt auch angesichts des zukünftigen Bedarfs an passgenau für die Thüringer Verwaltung ausgebildeten Verwaltungsfachleuten bestehen.

    Darüber hinaus wird eine länderübergreifende Zusammenlegung von Behörden unvoreingenommen auf mögliche Einsparungen geprüft und sodann in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Bundesland umgesetzt.

    Personalvertretungsrecht

    Ein moderner öffentlicher Dienst braucht ein zukunftsorientiertes Personalvertretungsrecht. Die Koalitionspartner bekennen sich daher zu einer weiteren Fortentwicklung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes unter Einbeziehung von Gewerkschaften und Berufsverbänden. Dabei soll sich die Novellierung insbesondere daran orientieren, dass

    • auch für Fälle der eingeschränkten Mitbestimmung die Einigungsstelle vorgesehen wird,
    • Antragserfordernisse zu Gunsten einer obligatorischen Beteiligung abgeschafft werden,
    • statt einer Arbeitsgemeinschaft auf Landesebene ein Landespersonalrat etabliert wird.
  • 13.2 Ausfinanzierung von Bundes- und EU-Mitteln / Investitionen

     

    Durch Bereitstellung der erforderlichen Mittel soll die künftige Landesregierung ihren Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur und von Unternehmen, die Förderung von Investitionen in Arbeit, Bildung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz sowie der sozialen Infrastruktur leisten.

    Förderprogramme des Bundes und der Europäischen Union, insbesondere EFRE, ESF, ELER und den Gemeinschaftsaufgaben (GA), sollen – soweit es sich um Vorhaben handelt, die den Zielstellungen des Landes entsprechen – durch das Land kofinanziert werden.

    Die Koalition bekennt sich zu einer nachhaltigen Finanzpolitik auch bei der Ausfinanzierung der Bundes- und EU-Mittel. Der Einsatz von EU-Mitteln wird sich am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung sowie den ökologischen und sozialen Zielen der Europäischen Union orientieren. Folgekosten sind zu berücksichtigen.
    Durch geeignete Maßnahmen, insbesondere einem proaktiven Controlling durch das Wirtschaftsministerium wird Sorge für eine möglichst hohe Mittelausschöpfung getragen.

    Die Parteien sind sich einig in der infrastrukturellen und volkswirtschaftlichen Bedeutung stabiler Landesinvestitionen. Im Hinblick auf den absinkenden Gesamthaushalt soll die Investitionsquote erhöht werden.

  • 13.3 Steuerpolitik

     

    Die Landesregierung wird sich auf Bundesebene gegen Bestrebungen wenden, die eine weitere Verschlechterung der Einnahmen des Freistaates zur Folge haben.

    Die Koalition will auf Bundesebene für sozial ausgewogene Konsolidierungsmaßnahmen und Subventionsabbau eintreten. Wir wollen diejenigen Steuerpläne auf Bundesebene unterstützen, die untere Einkommen entlasten und Reiche stärker zur Mitfinanzierung des Gemeinwohls verpflichten. Wir setzen uns für die Wiederbelebung der Vermögensteuer ein. Initiativen, die die Förderung von Kindern in den Mittelpunkt stellen, werden ebenso unterstützt.

    Thüringen wird sich für Steuergerechtigkeit einsetzen und Maßnahmen unterstützen, die zur wirksameren Ahndung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung beitragen.

  • 13.4 Länderfinanzausgleich

     

    Im Jahr 2019 läuft die gesetzliche Grundlage des Länderfinanzausgleichs aus. Die Koalitionäre sind sich einig, dass die Verhandlungen über die Neuausrichtung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zügig abgeschlossen werden müssen, um mittel- und langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten. Thüringen soll in diesen Verhandlungen die spezifischen Bedürfnisse der ostdeutschen Länder und der Kommunen in den Mittelpunkt stellen aber auch die Herausforderungen anderer strukturschwacher Regionen berücksichtigen. Solidarität ist keine Frage der Himmelsrichtung. Um dem Auseinanderdriften von Regionen wirksam entgegenzuwirken, muss der Ausgleich der Finanzkraftunterschiede der Bundesländer mit dem grundgesetzlichen Ziel einheitlicher und gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland gesichert und verbessert werden.

    Der Bund ist zu einer angemessenen Finanzierung der auf die Kommunen und Länder übertragenen Aufgaben verpflichtet.

    Die Koalition wird bei den Verhandlungen über die Reform des Länderfinanzausgleiches folgende Forderungen vertreten:

    • Die Steuereinnahmen der Kommunen sollen vollständig in den Länderfinanzausgleich einbezogen werden,
    • über einen reformierten Länderfinanzausgleich hinaus sollen strukturschwache Regionen in allen Teilen Deutschlands auch nach 2019 gefördert werden.
    • der so genannte Wettbewerbsföderalismus wird abgelehnt. Dazu gehören sowohl der Wettbewerb zwischen den Bundesländern bei Steuern, als auch die Einführung unterschiedlicher sozialer Standards in den Ländern.
  • 13.5 Glücksspiel

     

    Die auslaufende Konzession für eine Thüringer Spielbank wird nicht erneuert. Die Parteien setzen sich dafür ein, das staatliche Glücksspielmonopol im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages zu bewahren.

  • 13.6 IT-Strategie

     

    Die Landesregierung will in Abstimmung mit den Kommunen und unter Einbeziehung des Landesdatenschutzbeauftragten die IT-Modernisierung in der öffentlichen Verwaltung voranbringen und eine bürgerfreundliche E-Governmentstruktur in Thüringen entwickeln. Dazu wird eine Rahmenvereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet.

    Die IT-Beschaffung soll vereinheitlicht, eine zentrale IT-Beschaffungsstelle eingerichtet und das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ) sowohl personell als auch durch die Überführung weiterer bestehender Serverstationen und Rechenzentren in den Verantwortungsbereich des Zentrums gestärkt werden.

    Um dem IT-Fachkräftebedarf in der öffentlichen Verwaltung Rechnung zu tragen, wird gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept zur Personalentwicklung, Weiterbildung und Fachkräftegewinnung erarbeitet.

    Thüringer Behörden, vorrangig diejenigen, die personenbezogene Daten verarbeiten und übermitteln, sollen modernste Verschlüsselungstechniken verwenden.